Als Frau im Einsatz
Heute melde ich mich wieder einmal aus dem Kosovo. Während meiner Ferien wurden mir in meinem Umfeld alle möglichen Fragen gestellt, die ich sehr spannend fand. An dieser Stelle möchte ich einmal diejenige nach meinem Geschlecht aufgreifen und der Frage nachgehen, wie ist eigentlich als Frau im Einsatz.
Zuerst möchte ich betonen, dass die nachfolgenden Schilderungen meine eigenen Erfahrungen sind und diese definitiv nicht verallgemeinert werden können. Und es geht mir nicht um Frauen in der Armee, sondern um die Wahrnehmung als Frau im Einsatzgebiet.
Mein Geschlecht steht nicht grundsätzlich im Zentrum und doch kriege ich immer wieder zu spüren, dass Frauen in Uniform etwas Spezielles sind. Ein Erlebnis, welches mir noch sehr gut in Erinnerung ist, stammt vom Beginn des Einsatzes. Wir waren zu dritt an einem Meeting mit einem etwas älteren Herren. Es regnete in Strömen und nach dem Meeting wurden wir von besagtem Herrn noch ein Stück auf dem Weg begleitet. Der freundliche Herr bestand darauf, dass ich gemeinsam mit ihm unter dem Schirm mitlaufe, während meine beiden männlichen Kollegen ganz normal ohne Schirm dem Wetter ausgesetzt waren. Für mich zeigt sich hier ein Widerspruch, mit welchem ich als Frau immer wieder zurechtkommen muss. Ich übernehme ich die gleichen Aufgaben wie meine männlichen Kameraden, in gewissen Situation werde ich doch als etwas Spezielles wahrgenommen, was eigentlich nicht mein Ziel ist. Um unseren Kontakt nicht zu brüskieren, lief ich also unter dem Schirm mit, während meine Kameraden im Regen standen. Als sich unsere Wege trennten, wollte er mich noch seinen Schirm mitgeben, was ich dann dankend abgelehnt habe. Danach habe ich es beinahe genossen ohne Sonderbehandlung im Regen zu gehen.
Was mir auch immer wieder auffällt ist, dass meine Kameradinnen und ich von der Lokalbevölkerung eine Frage öfter gestellt kriegen als unsere männlichen Kameraden. Und zwar die Frage, ob wir verheiratet sind. Ich lächle dann jeweils freundlich und verneine mit dem Zusatz, was nicht ist, kann ja noch werden. Wer mich kennt, kennt meine Haltung zu diesem Thema :)
und es ist auch nicht schlimm, dass mir diese Frage öfter gestellt wird, ich finde es einfach spannend zu beobachten.
In gewissen Bereichen gibt auch Vorteile eine Frau zu sein. So habe ich in bestimmten Themen einen anderen Zugang als dies Männer haben. Gerade wenn es zum Beispiel um häusliche Gewalt geht, werden wir als Frauen eher empfangen als unsere männlichen Kameraden. Diese Meetings sind immer etwas spezieller als andere, auch wenn wir nie mit den Opfern direkt in Kontakt sind, so hören wir doch von vielen schweren Schicksalen und erhalten Informationen, die Männer vielleicht nicht unbedingt erhalten würden.
Und dann gibt es immer wieder schöne spontanen Begegnungen. Eine der schönsten Geschichten habe ich erlebt, als uns ein junger Mann mit einer geistigen Beeinträchtigung auf der Strasse angesprochen und nach einem Foto gefragt hat. Nachdem wir das Foto gemacht hatten und der Mann weg war, meinte mein Kollege: «So süss, er hatte nur Augen für dich. Mich hat er nicht einmal angesehen». Es mag sein, dass sich der junge Mann etwas mehr auf mich fokussiert hatte, aber eigentlich spielt es keine Rolle, es war einfach schön, ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, weil er mit uns ein Foto machen konnte :)
Was ich mit diesem Text sagen will, als Frau im Einsatz fällt man zwar ab und zu auf, was meiner Ansicht nach nicht weiter dramatisch ist, sondern auch zu speziellen und teilweise sehr schönen Erlebnissen führen kann. Und am Ende des Tages ist das Geschlecht zweitrangig solange wir hier einen guten Job machen.
So, Soldat Vögeli freut sich jetzt auf das Abendessen, welches zwei Kameraden zubereitet haben – es riecht fantastisch :)